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Sie unterscheidet Arm von Reich. Sie gibt Reichen einen finanziellen Vorteil. Sie reduziert die Sozialleistungen (prozentual) Reicher.

So viel steht fest, die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) sorgt für viel Ungerechtigkeit. Arbeitnehmer zahlen ihre Beiträge zu den Sozialversicherungen prozentual vom beitragspflichtigen Entgelt. Dieses addiert sich zusammen aus dem Bruttolohn und dem geldwerten Vorteil. Von diesem Wert werden nun prozentual Beiträge an die Sozialversicherungen abgeführt. Der Arbeitgeber muss neben dem Arbeitnehmeranteil auch seinen Anteil abführen.

Wie sehen die Sozialversicherungen in 2022 aus

Die folgenden Sozialversicherungen werden direkt über den Lohn bezahlt:

  • Krankenversicherung: 7,3 % (+ Zusatzbeitrag, 2022: 1,3 % durchschn.)
  • Pflegeversicherung: 1,525 % (+ 0,35 % für kinderlose + über 23 Jahre)
  • Arbeitslosenversicherung: 1,2 %
  • Rentenversicherung: 9,3 %

Es ergeben sich somit für die meisten Sozialabgaben von 20,625 %.

Dieses System ist als solches stabil und bringt viele Vorzüge gegenüber anderen Systemen mit sich. Sehr viele Menschen genießen einen guten Schutz vor Arbeitslosigkeit und Krankheitskosten. Die Rente ist dagegen teilweise an der Grenze zum Existenzminimum. Dies hängt jedoch stark von den Einzahlungen bis zum Renteneintritt ab. Die Pflegeversicherung soll vor allem die Alterspflege absichern. Auch hier kommt es oft zu sehr hohen Kosten, welche nur in Teilen von der Pflegeversicherung getragen werden. So wird privates Vermögen schnell aufgebraucht.

Was macht die Beitragsbemessungsgrenze (BBG)

Die Beitragsbemessungsgrenze erlaubts es Personen mit besonders hohem Einkommen prozentual weniger in die Sozialversicherungen zu bezahlen. Hier sind Grenzwerte festgelegt, über die sich die Beiträge nicht weiter erhöhen.

Ost in EuroWest in Euro
Krankenversicherung (GKV)4837,504837,50
Pflegeversicherung (SPV)4837,504837,50
Arbeitslosenversicherung (AV)6750,007050,00
Rentenversicherung (RV)6750,00 7050,00
BBG nach Sozialversicherung pro Jahr

Verdienen Menschen mehr als diesen Betrag pro Monat, steigen in den jeweiligen Versicherungen ihre Beiträge nicht weiter an. Prozentual zum beitragspflichtigen Entgelt nehmen damit die Beiträge ab. Das heißt, mehr verdienen lohnt sich doppelt. Allerdings steigt die Lohnsteuer weiter und ab ca. 75.000 Euro (wird über die Einkommenssteuer ermittelt und ist deswegen nicht exakt) fällt zusätzlich der Solidaritätszuschuss an.

Im folgenden Beispiel wird mit den durchschnittlichen 1,3 % Zusatzbeitrag zur Krankenkasse gerechnet. Es wird in der Lohnsteuerklasse 3 ohne Kinder und Kirchsteuer gerechnet.

Brutto im Monat2.5005.00010.00020.000
Krankenversicherung (GKV)199385385385
Pflegeversicherung (SPV)47919191
Arbeitslosenversicherung (AV)30608585
Rentenversicherung (RV)233465656656
Sozialbeiträge in %20,620,012,26,1
Alle Angaben in gerundeten Euro. Quelle: https://www.brutto-netto-rechner.info/

Da die Sozialbeiträge ab einem gewissen Punkt praktisch nicht mehr steigen, verringert sich der prozentuale Anteil. Dies ist nicht nur beim Arbeitnehmeranteil der Fall, sondern zusätzlich auch beim Arbeitgeber.

In Deutschland wurde ein Einkommen von 1,71 Billionen Euro für das Jahr 2017 auf Destatis ausgewiesen. Davon fallen 1,31 Billionen Euro auf die „Nichtselbständige Arbeit“ und wird auf 41,1 Millionen Menschen verteilt. Die restlichen 400 Milliarden beziehen sich auch Erträge von Land- und Forstwirtschaft (11 Mrd. EUR), Gewerbebetrieb (166 Mrd. EUR), Selbstständige Arbeit (90 Mrd. EUR), Kapitalvermögen (7,3 Mrd. EUR), Vermietung und Verpachtung (42 Mrd. EUR) und Sonstige Einkünfte (83 Mrd. EUR)

Aus den öffentlichen statistischen Daten lässt sich keine direkte Grenze bei 86.400 Euro pro Jahr oder 7.200 Euro pro Monat ermitteln. Ab dieser Grenze zählen alle Beitragsbemessungsgrenzen. Die BBG wirkt sich bei der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung knapp unterhalb dieser Grenze aus. Deswegen muss hier approximiert werden.

Insgesamt wird folgende Verteilung der Einkünfte ausgewiesen:

Steuerpflichtige
in Millionen
Einkommen
in Mrd. EUR
Sozialvers.-
in Mrd EUR
0 – 2.500 €22,3318131,4
2.501 – 5.000 €14,1593244,8
5.001 – 7.200 €3,021388,2
7.200 – 10.417 €1,111633,4 (16,7)
> 10.417 €0,612417,2 (8,6)
Sozialversicherungsbeiträge mit BBG mit GKV/SPV (ohne GKV/SPV)

Ohne Beitragsbemessungsgrenze würden diese Werte sich im Bereich oberhalb 7.200 Euro pro Monat wie folgt gestallten.

Steuerpflichtige
in Millionen
Einkommen
in Mrd. EUR
Sozialvers.-
in Mrd EUR
7.200 – 10.417 €1,111627,8
> 10.417 €0,612451,2
Sozialversicherungsbeiträge (Potential ohne BBG, ohne private Versicherungen)

Die Sozialversicherungen werden pro Jahr um 28,4 Mrd. Euro durch die BBG geschwächt. Allerdings kommt hier noch erschwerend hinzu, dass beim Erreichen der BBG in eine private Krankenversicherung gewechselt werden kann. Somit sind die Beträge in der ersten Tabelle zu groß angesetzt.

87 % der Erwerbstätigen sind gesetzlich versichert Im Jahr 2015 waren fast alle Arbeitnehmer mit 95 % und 56 % der Selbst­stän­di­gen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Von den Arbeitnehmern sind fast alle pflichtversichert, nur ein geringer Teil mit 5 % sind freiwillige Mitglieder einer ge­setz­li­chen Krankenversicherung. 5 % der Arbeitnehmer und 43 % der Selbst­ständi­gen sind in einer privaten Kran­ken­ver­si­che­rung abgesichert.

https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-2/krankenversicherungsschutz.html

Den gesetzlichen Kranken und Pflegekassen entfallen somit weitere Beiträge. Auf Kranken- und Pflegeversicherung bei Gehältern oberhalb der BBG würden 24,3 Mrd. Euro Beiträge anfallen. Diese sind real ehr bei unter 5 Mrd. Euro anzusetzen.

Schlusswort

Das Potential der Beiträge zu den Sozialversicherungen liegt somit bei 543,4 Mrd. Euro. Durch die BBG und die privaten Krankenversicherungen gehen dem Sozialsystem rund 74 Mrd. Euro verloren. Es besteht somit die Möglichkeit diese Beiträge um 13 % Prozent zu erhöhen. Alternativ können die Beiträge für alle gesenkt werden, wenn auch die Besserverdienenden in das Sozialsystem voll einzahlen.

Ein anderer Ansatz wäre es bei Gehältern unter 25.000 Euro den Arbeitnehmeranteil wegfallen zulassen. Hierdurch würden die Nettogehälter in den unteren Gehaltsklassen um 10 % steigen. Dies würde rund 41 % der Bevölkerung mit Einnahmen aus „Nichtselbständiger Arbeit“ betreffen.

Sozialversicherungen dienen nicht nur der Absicherung des privaten Risikos, sondern auch das der Allgemeinheit. Wer viele Einkünfte hat sollte entsprechend in die soziale Absicherung anderer investieren. Hierdurch wird der Standort gestärkt und die Lebensqualität erhöht.

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