Dass es das Patriarchat vor einem Jahrhundert noch gab, stellt kaum jemand in Frage. Frauen durften zu dieser Zeit das erste Mal eigenständig in Deutschland wählen gehen. Sie brauchten zum Arbeiten eine schriftliche Erlaubnis des Ehemannes. Vergewaltigung in der Ehe gab es nicht, denn Geschlechtsverkehr zählte zu den ehelichen Pflichten. Notfalls auch mit Gewalt.

Doch wie ist es heute. In Sachen Gleichberechtigung hat sich in den vergangenen 100 Jahren viel getan. Frauen sind in den westlichen Gesellschaften weitestgehend gleichberechtigt. Sie dürfen Arbeiten wann sie wollen, Heiraten wen sie wollen, einen Führerschein machen und die Pflicht ehelichen Geschlechtsverkehr ist entfallen. 

Beim Mann hingegen, hat sich nicht viel getan. Die alten Werte und Normen sind immer noch präsent. Er hat dieselben Pflichten, wie vor 100 Jahren und nur das Recht auf den ehelichen Geschlechtsverkehr verloren. Doch viele Privilegien sind entfallen. Der Mann ist heute nicht mehr der Alleinverdiener, der nach der Arbeit die Füße hochlegen kann und alle sind glücklich mit der Situation.

Ist der Mann nun also schlechter aufgestellt als je zuvor. Die Antwort ist ja. Doch die Gründe sind vielfältig. Die untergegangenen Privilegien haben fast keinen Einfluss die schlechte Situation. Durch die Errungenschaften der Frauen haben sich viele gesellschaftliche Regeln geändert. Das Bild eines guten Mannes fing allerdings erst in den letzten 20 Jahren an sich drastisch zu verändern. 

Während die Erziehung der heute 40+ Generationen noch gut in das patriarchale System des letzten Jahrtausend gepasst hat, trifft es heute auf Unverständnis. Männer dieser Generationen haben nie gelernt haben ihre Gefühle zu zeigen, sie sind in fest definierten Rollenbildern aufgewachsen und haben größtenteils nichts vom zweiten Weltkrieg in der Schule gelernt. 

Genau diese Eigenschaften macht sie zu Opfern eines Systems, welches sie auf der anderen Seite zu Tätern, schlechten Ehemännern, Transphoben und rechts Konservativen werden lässt. Für die meisten werden nicht alle Punkte gleichzeitig zutreffen, doch einer ist oft vertreten.

Männer und Frauen werden nach wie vor Opfer des Patriarchats, welches vor 100 Jahren begonnen hat zu zerbröckeln. Frauen leiden vor allem unter dem immer noch in der Gesellschaft vertretenen Weltbild eines starken, unabhängigen, privilegiertem Mann, welcher die Frau praktisch besitzt. 

Bei Männern teilt es sich in zwei Gruppen. Zum einen wird gegen Männer mehr Gewalt ausgeübt als gegen Frauen. Diese Gewalt wird hauptsächlich von Männern ausgeübt, welche an den „guten“ alten patriarchalen Vorstellungen eines Mannes festhalten. Zum anderen zeigen viele Männer, dass sie immer weniger mit der sich verändernden Welt klar kommen und sich die „gute“ alte Zeit zurück wünschen.

Auch bei Frauen gibt es einen gewissen Anteil, welche am alten System festhalten möchten. Bei den meisten werden die Hintergründe in der Erziehung und dem vorgelegten Rollenbildern liegen. Der Anteil von Frauen, welche an alten den Strukturen festhalten möchte ist jedoch deutlich geringer. Dies ist vermutlich den deutlichen Vorteilen im Verhältnis zum patriarchalen System zuzuschreiben. 

Es handelt sich somit nicht um einen Geschlechterkampf, sondern viel mehr um generationsübergreifenden Kampf um oder gegen ein System, welches Jahrtausende gültig war. In den meisten Bereichen haben die patriarchalen Strukturen in den westlichen Ländern bereits versagt. In anderen Kulturen herrschen sie jedoch nach wie vor.

Viele weitere Systeme sind streng mit dem patriarchalen Strukturen verwoben und machen sich gewisse Eigenheiten zu Nutze. Der Kapitalismus ist zwar kein direkter Unterstützer von Strukturen, ist aber als Folger-System immer dem Trend hinterher und erschwert einen Umschwung. Patriarchat und Kapitalismus teilen sich zudem das Ziel des Machterhalts.

Da das Patriarchat stirbt, greift der Kapitalismus in den vergangenen Jahren vermehrt auf neue Wege. Da in weiten Teilen Gleichberechtigung hergestellt ist, geht es mehr und mehr um Chancengleichheit und systemische Diskriminierung. Hierbei steht vor allem der Unterschied zwischen Männern und Frauen im Fokus. Der Kapitalismus verstärkt hierbei Ansichten und Verhalten auf unterschiedlicher Weise. 

Das Gender Marketing nutzt den Fokus auf die Unterschiede und ermöglicht es Produkten über eine  Farbe oder einen Geruch einen 30 % höheren Marktwert zu erlangen. Dabei ist dem Kapitalismus egal, ob dies negative Einflüsse auf die Gesellschaft hat. Hier sind tatsächlich einige negative Einflüsse zu verzeichnen.

Die Gender Marketing treibt die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht oder auch der Geschlechtsidentität. Dies separiert allerdings eher als das es verbindet. Somit sind Geschlechter Kämpfe vor allem dem Kapitalismus und der Ausbeutung von Idealen und Identitäten zuzuschreiben.

Der Kapitalismus profitiert generell von Differenzen und ist nicht an einer Beilegung interessiert. Identität und das damit verbundene Kaufpotential wird gerne vom Kapitalismus aufgegriffen. 

Der Sexismus wurde größtenteils durch den Kapitalismus gefördert. Auch heute ist er noch eine wesentliche Einnahmequelle und nutzt die Strukturen des Patriarchats. Prostitution, Porno- und Beautyindustrie nutzen die Definition der Weiblichkeit des Patriachats, um nach wie vor Billiarden an Dollar umzusetzen.

Aber auch Männer sind Ziel des Kapitalismus. Fitnessstudios, Actionfilme und schnelle Autos sind nur einige typischen „alten“ Werte, welche noch heute vom Kapitalismus genutzt werden. Sie beruhen auf der heute meist als „toxische Maskulinität“ bezeichnete Definition von Männlichkeit.

Auch rechts Konservative greifen mit den typischen Parolen die Veränderung als „böse“ und Untergang von Glück und Wohlstand auf. Tatsächlich ist eine gesellschaftliche Veränderung auch immer mit dem Risiko einer Neuordnung verbunden. Macht erhaltende Systeme wie der Kapitalismus und das Patriarchat haben das Ziel diese zu unterbinden.

Auch wenn das Patriarchat noch nicht tot ist, wird es sterben. Der Kapitalismus behindert zwar den Fortschritt hält ihn jedoch nicht auf. 

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