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In letzter Zeit wurde viel über das Gendern diskutiert. Das grundsätzliche Problem ist, dass Menschen sich nicht angesprochen fühlen, wenn die gewählte Form des Wortes nicht die eigene Geschlechtsidentität widerspiegelt.

Dieses Problem ist nachvollziehbar. Denn im Deutschen werden männliche und weibliche Form von Personenbezeichnungen gegendert. So wird aus Arzt Ärztin und Mechaniker Mechanikerin. Spricht man von Personen dessen Geschlechtsidentität klar ist, gilt dieses Schema schon lange. Doch bei undefinierter Geschlechtsidentität hat sich etwas getan.

So wird versucht auf das generische Maskulin zu verzichten, denn gerade die Personen, welche sich nicht in die Gruppe Maskulin verstehen, fühlen sich hier durch nicht angesprochen. Somit wird aus dem generischen Mechaniker Mechaniker*In. Hierbei weitet sich das Feld auch auf alle Personen des nicht-binären Spektrums aus.

Wieso ist eine Änderung wichtig

Sprache transportiert eine Idee. Sie selbst ist keine Idee. So erkennt man bspw. unsere Rechensysteme in der Art wie wir Zahlen lesen wieder. Das Zehnersystem, welches von den 10 Fingern abgeleitet wird hat sich in den meisten Sprachen verbreitet. Aber auch das Zwölfersystem (Dutzend, von den 12 Fingergliedern ohne Daumen einer Hand) ist in unsere Sprache eingeflossen. Unterdrückung, genauso wie das Patriarchat sind Teile unserer Sprache.

Beim Patriarchat wird versucht die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu definieren und dabei den Mann als stärkere Rolle zu positionieren (Vaterherrschaft, Vaterrecht). Dies hat zur Folge, dass die Frau seit mehreren Jahrtausenden systematisch unterdrückt wird.

Unsere Sprache sollte somit nicht die Strukturen des Patriarchats aufweisen.

Hier noch ein kurzer Auszug von der Seite des Duden. Dieser wird später unter Assoziativität noch weiter behandelt. Dieser Punkt ist durch aus wichtig, wenn wir über die Abschaffung des Patriachats sprechen.

An einigen Stellen jedoch sind Alternativen wünschenswert und wichtig (auch weil sich sonst zum Beispiel Stereotype weiter verfestigen können).

https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/gendern-komposita-personenbezeichnungen

Gründe gegen die aktuelle Idee

  1. Auch die neuen Genderregeln unterstützen Non-Binary nicht vollständig. Es wird noch einige weitere Regeln brauchen, um Menschen welche sich weder weiblich noch männlich einordnen können und/oder wollen richtig zu adressieren.
  2. Die Umsetzung in allen Bereichen ist schwer, wäre aber erforderlich. „Wir brauchen einen neuen Mitarbeiter.“ Wird noch sehr lange in den Köpfen der Menschen akzeptiert werden.
  3. Wird die Endung In oder Innen vergessen, ist es sehr unhöflich oder es handelt sich wirklich nur um einen Mann oder Männer. Teilweise wird in Beiträgen gemischt verwendet.
  4. Die akustische Unterscheidung zwischen generisch/alle mittels *Innen zum femininen *innen ist nicht gut ausgeprägt.
  5. Bei vielen Personenbezeichnungen wird auf *kraft oder ähnlichem ausgewichen [Quelle]. Es müssen somit sehr viele aktuelle Personenbezeichnungen invalidiert werden.
  6. Die Regeln sind nicht intuitiv. Spontan:
    Mechaniker -> MechanikerIn
    Arzt -> ?
  7. Die aktuellen Genderregeln werden kommerziell genutzt [Quelle].

Möglichst exakte Problembeschreibung

Durch die Aufteilung der Personenbezeichnungen in Maskulin und Feminin sowie Verwendung des Maskulin im generischen Fall werden Menschen von der nicht angesprochen.

Es ist wichtig das Problem kurz aber exakt zu beschreiben. Schweift die Problembeschreibung aus, so wird das Problem unscharf und die Ursache ist nicht mehr greifbar. Ist es nicht exakt kann die Ursache überhaupt nicht ermittelt werden.

In den Diskussionen um das Gendern fällt auf, dass vor allem die Symptome behandelt werden: Also, dass Menschen sich nicht angesprochen werden. Wenn immer möglich sollte man die Ursache und nicht das Symptom bekämpfen.

Die Ursache korrigieren

Die Problembeschreibung beginnt mit „Durch die Aufteilung in Maskulin und Feminin“. Zunächst muss man prüfen, ob dies wirklich die Ursache ist.

Hierfür eignen sich Vergleiche, wenn vorhanden. Im Englischen wird diese Aufteilung nicht verwendet und es gibt dieses Problem nicht.

Manchmal kann auch die Historie herangezogen werden [Quelle]. Die germanische Sprache hatte einst unterschiedliche Vokale für Maskulin und Feminin. Diese haben sich über die Zeit in das asymmetrische generische Maskulin und das Feminin über Endung entwickelt.

Hier ist auch das folgende Schlusswort zu lesen:

Wie war das also mit den Personenbezeichnungen? Früher ließ sich einfach anhand eines Vokals zwischen Männern und Frauen unterscheiden. Das wurde durch die Abschwächung unmöglich, die ehemals so symmetrischen Formen schlugen sich größtenteils auf die Männerseite. Um weiterhin Frauen bezeichnen zu können, rekrutierte man nun die Endung –in, die schon seit einer Weile im Deutschen unterwegs war — aber jetzt lastete die Unterscheidung fast ausschließlich auf ihr. Bevor sie darunter zusammenbrach, wurde sie im Mittelhochdeutschen lautlich ein wenig verstärkt und leistet uns seither in der heutigen Form treue Dienste.

http://www.sprachlog.de/2014/08/07/vom-beck-und-der-baeckerin/

Der englische Ansatz

Könnte der englische Ansatz, denn überhaupt in der deutschen Sprache funktionieren und würde dieser die Ursache ebenfalls korrigieren? Beide Fragen sind natürlich absolut berechtigt und sollen hier beantwortet werden.

Tatsächlich ist der Aufwand gar nicht so groß, denn das generische Maskulin und die feminine Endung „in“ würden zu einem generischen Wortstamm verschmelzen, welcher geschlechtsunspezifisch ist. Betrachtet man die Herkunft und die Tatsache, dass es ein generisches Maskulin gibt, bietet sich dieses auch tatsächlich an. Die feminine Endung „in“ würde verschwinden.

Eine Unterscheidung zwischen Maskulin und Feminin ist somit zwar noch über Adjektive und Artikel möglich, die Personenbezeichnung selbst spricht jedoch alle an. Man kann somit sagen: Ja, der Ansatz löst das Problem über die Ursache.

Gründe gegen eine solche Änderung

Frauen könnten sich durch den Wegfall der Endung schlecht fühlen. Sie wurden stets und werden noch durch das Patriachat unterdrückt und könnten eine Änderung ihrer Form als weiteren Angriff auf ihre Gleichberechtigung empfinden.

Dieser Einwand ist berechtigt. Gerade in einer Übergangszeit fühlt sich eine Änderung der Sprache merkwürdig an. Wenn eine Frau mit einer bislang männlichen Personenbezeichnung angesprochen wird, erscheint dies schlicht weg falsch.

Erst sobald die Regel von allen gelebt wird, kann man sich hiermit wohlfühlen.

Gründe für eine solche Änderung

Tatsächlich gibt es deutlich mehr Gründe für eine solche Änderung.

  1. Eine echte neutrale Personenbezeichnung inkludiert alle. Auch Personen der Gruppe Non-Binary.
  2. Die Unterscheidung wird erst dann getätigt, wenn es notwendig ist. Es wird Neutralität bewahrt. Dies kann helfen das Patriachat abzubauen. Unser Gehirn arbeitet assoziativ. Wenn eine echte neutrale Personenbezeichnung verwendet wird, ruft unser Gehirn keine Eigenschaften und Vorurteile zu Geschlechtern ab. Unser Gehirn bleibt solange neutral wie es der Kontext erlaubt.
  3. Die Verwendung ist sehr intuitiv. Es werden sich praktisch keine Fehler einschleichen. Eine kommerzielle Nutzung ist praktisch nicht möglich.
  4. Sie ist auf alle Personenbezeichnungen anwendbar, denn das generische Maskulin ist ja bereits vorhanden.

Schlusswort

Es gibt klare Anzeichen dafür, dass es sich bei dem aktuell diskutierten Ansatz mittels *Innen um reine Symptombekämpfung handelt. Diese kann beliebig komplex werden und bereitet uns nicht auf das vor, was noch kommen wird.

Das Patriachat lebt von der Unterteilung nach männlich und weiblich. Auch der aktuelle Ansatz erlaubt weiterhin eine klare Unterteilung. Er transportiert damit auch weiterhin einen Teil der Idee des Patriachats über die Sprache.

Ein neuer Ansatz, welcher die Ursache korrigiert, kann das Problem deutlich besser lösen. Bringt aber unter Umständen Probleme in der anfänglichen Akzeptanz mitsich.

Wer jetzt noch der Meinung ist, dass ich nicht wirklich einen an der Klatsche habe, darf sich die kommenden Tage über meine Einträge zu Artikeln, Pronomen und Reflexpronomen freuen.

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